Microcopy: Kleiner Text mit grosser Wirkung


Obwohl der Begriff Microcopy nicht neu ist, wird die Rolle, die der «kleine Text» in der User Experience spielt, immer noch unterschätzt. Dabei können schon wenige Worte dabei helfen, Vertrauen aufzubauen.

Artikel von

 

Carina Glinik

Senior UX Writer
4 Minuten Lesezeit16. Sept. 2022

Was ist Microcopy?

Microcopy sind jene Texte auf der Benutzeroberfläche, die direkt mit den Handlungen der User zusammenhängen. Diese Texte bestehen meist aus kurzen Sätzen, Satzfragmenten oder sogar nur einzelnen Worten. Es sind zum Beispiel Bestätigungs- und Fehlermeldungen, Pop-Up Fenster, Call-To-Actions (CTA) oder Platzhalter in Eingabefeldern.

Microcopy motiviert die User zur Handlung, begleitet sie währenddessen und gibt Feedback, wenn sie eine Aktion erfolgreich abgeschlossen haben. Es sind diese kleinen Leckerbissen von Texten, die den Usern bei der Interaktion mit Websites, Apps oder Softwareprodukten  die User Experience versüssen.

Bildquelle: Mindnow

Was ist der Unterschied zwischen UX Copy und Microcopy?

Generell wird im UX Design eher von «UX Copy» gesprochen. Der Unterschied zwischen UX Copy und Microcopy ist schlichtweg der Umfang: UX Copy ist die übergeordnete Disziplin und umfasst auch Texte, die über «kleines Textmaterial» hinausgehen. Zum UX (Copy-)Writing zählen alle Textsorten, die Teil der digitalen Experience sind. Dazu gehören zum Beispiel auch Produkttexte oder Chatbots.

Das heisst, nicht jede UX Copy ist automatisch Microcopy, aber jede Microcopy ist UX Copy – auch wenn diese beiden Begriffe in der Praxis oft als Synonyme verwendet werden.

Eine Definition, wie lang bzw. kurz eine Microcopy sein darf, damit sie noch als solche durchgeht, ist mir übrigens noch nie untergekommen. Die folgenden Beispiele sind meiner Meinung nach aber definitiv «micro» genug.

Funktionen von Microcopy – eine Auswahl

Microcopy ist nicht immer und überall eine gute Idee, sondern nur dann, wenn sie eine Funktion erfüllt. Die Palette an Funktionen von Microcopy ist sehr breit. Diese vier halte ich für besonders wichtig:

1 – Hilfestellung geben

Beim Verwenden eines digitalen Produkts kann es auch einmal zu Reibungsverlusten kommen, die durch Missverständnisse, Bedenken oder Fehler verursacht werden. Microcopy hilft dabei, Reibungsverluste zu vermeiden, damit die User eine Aufgabe mit minimalem (Denk-)Aufwand erledigen können und schneller ans Ziel kommen.

Eine häufige Verwendung für die Funktion der Microcopy als Hilfestellung sind etwa Platzhalter in Eingabefeldern. So lassen Sie Ihre User sofort wissen, was sie in das Feld eintippen können.

Slack: Wenn Sie jemanden zu einem Slack-Channel hinzufügen wollen, wissen Sie anhand des Platzhalters sofort: Es geht der Name oder die E-Mail-Adresse.

Auch zusätzliche Erklärungen sind ein gutes Beispiel für Microcopy als Hilfestellung. Vor allem wenn es darum geht, in einem Formular Nummern einzugeben, können zusätzliche Infos den Usern Denkaufwand ersparen und vor Fehlern bewahren. Die Angabe, wo eine Kundennummer, Steuernummer oder sonstige ID zu finden ist oder welches Format sie hat macht es Ihren Usern oft einfacher.

Bildquelle: Mindnow

2 – Zur Handlung motivieren

User entscheiden in nur wenigen Sekunden, ob eine Website, eine App oder ein spezifischer Link für sie relevant ist. Es bleibt also nur wenig Zeit, um zu überzeugen. Microcopy motiviert an dieser Stelle die User zum Handeln, indem sie den Mehrwert der Handlung klar und einfach kommuniziert.

Tripadvisor: Der Klick auf das Herz bei Tripadvisor speichert die Reiseidee für später – ein klarer Mehrwert.

3 – Sorgen und Bedenken lindern

Die Skepsis mancher User ist durchaus berechtigt. Wer im Internet unterwegs ist, muss auf der Hut sein, denn es wird einem schnell etwas angedreht, was man gar nicht wollte. Was heute kostenlos ist, endet später in einem teuren Abo, beim Herunterladen eines Widgets sind unfreiwillig weitere Dienste mit dabei und das E-Mail-Postfach wird mit Spam überflutet.  Warum sollten Ihre User Ihnen trotzdem vertrauen? Bestimmt gibt es Gründe dafür und diese gilt es zu unterstreichen. Microcopy ist hier ein wunderbarer Helfer.

Google: Wer bei Gmail einen neuen Account anlegt, bekommt genau erklärt, warum er diese Daten angeben muss, wie sie genutzt werden und dass sie sicher und geschützt sind.

4 – Humor zeigen

Humor kann das Eis brechen, die Atmosphäre verbessern und Menschen dazu bringen, sich besser zu fühlen. Dadurch sind die User Ihrer Anwendung eher bereit, auf Vorschläge einzugehen und zu handeln. Ein kleiner Witz kann somit ein wahrer Conversion-Booster sein! Eine Funktion von Microcopy ist es eben auch, zu unterhalten, zu entzücken und den Usern mit dem Charme der Markenpersönlichkeit eine Handlung zu versüssen.

Achten Sie dabei darauf, nicht zu intellektuellen Humor oder komplexe Wortspiele zu verwenden. Die User sollen sich gut fühlen – nicht dumm, weil sie den Witz womöglich nicht verstanden haben. Versuchen Sie ausserdem nicht krampfhaft witzig zu sein, sondern verwenden Sie Humor mit Bedacht.

Fazit: Es geht um Vertrauen

Auch wenn diese kleinen Texte namens Microcopy nicht viel Platz einnehmen, sind sie zusammengenommen eine treibende Kraft für jede User Experience. Die Hauptaufgabe von Microcopy ist es, den Usern den Weg zu zeigen, damit sie schnell und ohne Hürden an ihr Ziel kommen. Ausserdem hat Microcopy die Funktionen, User zur Handlung zu motivieren, ihre Bedenken zu lindern oder mit etwas Charme ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern.

Das ultimative Ziel von Microcopy ist es, dass Ihre User Ihr Produkt verstehen, sich gut dabei fühlen und letztendlich Vertrauen zu Ihrer Marke fassen. Ist das Vertrauen einmal da, fällt es Ihren Usern gleich viel leichter, Ihren Newsletter zu abonnieren, etwas in Ihrem Online-Shop zu bestellen oder an einer Umfrage teilzunehmen.

Um dieses Vertrauen zu schaffen, sind natürlich mehrere Faktoren wichtig. Die richtigen Worte an der richtigen Stelle gehören da mit Sicherheit dazu!


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Carina Glinik·Senior UX Writer
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