Super-Apps: was Sie über die App-Giganten wissen sollten


Super-Apps sind ein Synonym für die zunehmende Zahl chinesischer Super-Produkte – namentlich bekannt unter WeChat und Alipay. Ursprünglich wurde der Begriff «Super-App» von BlackBerry-Gründer Mike Lazaridis im Jahr 2010 eingeführt. Er definierte ihn als «ein geschlossenes Ökosystem aus vielen Apps, die Menschen jeden Tag nutzen würden, weil sie ein so nahtloses, integriertes und effizientes Erlebnis bieten.»

Artikel von

 

Christoph Kappler

Marketing Manager & Product Owner
4 Minuten Lesezeit24. Nov. 2021

Was ist eine Super-App?

Kurz gesagt, ist eine Super-App ein Marktplatz von Diensten und Angeboten, die durch unternehmenseigene Technologien und Integrationen von Drittanbietern bereitgestellt werden.

Die Super-App schlechthin ist WeChat. Als die chinesische Messaging-App 2011 auf den Markt kam, funktionierte sie grundsätzlich ähnlich wie WhatsApp. Ein Jahrzehnt später hat sich die Erfindung zu einem Ökosystem mit unzähligen «Mini-Apps» entwickelt. Mit diesen können User eine Vielzahl von Dingen tun – etwa einen Kredit beantragen, ein Taxi bestellen, oder Geschäfte mit lokalen Unternehmen abwickeln. All diese Transaktionen finden ausschliesslich innerhalb des WeChat-Ökosystems statt.

Neben WeChat verfügt auch Alipay, ein chinesisches Online-Bezahlsystem der Alibaba Group, ein ähnliches, sogar noch enger verknüpftes Ökosystem von Diensten. Zunächst ist Alipay die primäre Zahlungsmethode auf den beliebten E-Commerce-Plattformen Taobao und Tmall (beide im Besitz von Alibaba). 

Alipay sammelt mit diesen zwei Diensten Sozial- und Transaktionsdaten und sendet sie an Ant Financial, die Tochtergesellschaft der Alibaba Group. Ant Financial nutzt diese Daten, um eine Bonitätsbewertung für Händler und Verbraucher aufzubauen und persönliche und geschäftliche Kredite zu vergeben. Die gesicherte Finanzierung fliesst dann zurück zu einer der E-Commerce-Plattformen von Alibaba, wenn die Händler weitere Waren kaufen.

Die Vorteile des Super-App-Ansatzes für Unternehmen

Nach dem immensen Erfolg der Super-Apps in China stellt sich die Frage, ob Super-Apps auch für Unternehmen in der Schweiz infrage kommen. Einige Vorteile sprechen jedenfalls dafür:

  • Schnellere und weniger riskante Produkteinführungen: Bei Super-Apps profitieren Unternehmen von einer bestehenden Nutzerzahl und einer Menge Daten, die ihnen helfen, das richtige Angebot zur richtigen Zeit an die richtigen Leute zu bringen.

  • Einfache Datensammlung: Da sich das gesamte Verbraucherverhalten über eine einzige App bewegt, ist das Sammeln von Daten, wie etwa über individuelles Verhalten und Gruppen-Trends, möglicher denn je. So könnte man das Verhalten eines Nutzers anhand mehrerer Faktoren in mehreren Bereichen erkennen und noch mehr passende Empfehlungen als ohnehin schon auf diese Person zuschneiden. Angesichts der Menge an Benutzerinformationen, die Super-Apps sammeln, ist Werbung eine profitable Einnahmequelle.

Geringere Kosten: Die meisten «Mini-Apps» auf WeChat wurden von Drittanbietern entwickelt und nachträglich in die Super-App integriert. So sparen beide Seiten Kosten: WeChat muss nicht selber entwickeln und Drittanbieter profitieren bei der Bewirtschaftung ihrer App von der immensen Userbase von WeChat.

Was gegen die gigantischen Apps spricht

So toll sich das alles anhört, bringt er Super-Apps-Ansatz leider auch seine Nachteile mit sich:

  • Überladene und unübersichtliche Designs: Um all diese Mini-Apps in einer App unterzubringen, benötigt es viel «Platz». Zahlreiche Tabs, Karten, Überschriften und endloses Swipen, um sich von einem Bereich in den nächsten zu navigieren. Dies führt schnell zu einer unübersichtlichen User-Experience. 

  • Monopole: Der freie Markt fördert Innovationen. Mit bestehenden Super-Apps als Konkurrenz ist der Markteintritt für Unternehmen jedoch sichtlich schwierig und es könnte letztendlich zu Monopolen der Giganten kommen. In Bezug auf WeChat und Alipay zeichnet sich bereits in Trend in diese Richtung ab. Ihre enorme Grösse drückt den Wettbewerb, da die meisten Unternehmen, die einen neuen Dienst anbieten wollen, dies von Vornherein über eine dieser Apps tun und sie so noch grösser machen.

  • Datenschutz: Auch der Datenschutz ist bei Super-Apps ein grosses Problem, denn je mehr Dinge die User in nur einer einzigen App tun können, desto mehr kann diese App über sie erfahren.

Gibt es auch in Europa Beispiele für Super-Apps?

Eine klassische Super-App wie die chinesischen Giganten WeChat und Alipay hat sich in Europa zwar noch nicht durchgesetzt, jedoch gibt es aufgrund der Vorteile auch bei uns zahlreiche Bestrebungen, bestehende Apps auszubauen. ​​Instagram Shopping, Facebook Marketplace, Uber, die Gmail App und viele weitere Apps entwickeln sich auf dem Westlichen Markt zu Super-Apps.

Ein Beispiel, das mindnow selbst entwickelt hat, wäre etwa die SAUSALITOS-App. Zwar hat die deutsche Restaurantkette im Gegensatz zur klassischen Super-App keine Dienste von Drittanbietern integriert, doch ein Ökosystem mit einem nahtlosen Benutzererlebnis ist sie allemal. Die SAUSALITOS-App ist eine digitale Speisekarte für Bestellungen im Restaurant sowie nach Hause, eine Live-Auktionsplattform, ein Handelsspielplatz für zwei hauseigene Kryptowährungen und eine Dating-App oder ein Storefinder in einem. Bei all den verschiedenen Funktionen zeichnet sie sich dennoch durch eine hohe Benutzerfreundlichkeit mit einem ausgeklügelten UX- und UI-Design aus.

Fazit: Ansatz gut, User-Experience schwierig

Das Leben verschiebt sich immer mehr ins Digitale und Anbieter wollen es Ihren Usern natürlich so einfach wie möglich machen, ihre Dienste zu nutzen. Dabei ist der Super-App-Ansatz mit seinen vielen verschiedenen Angeboten, Funktionen und Dienstleistungen für die User ausgesprochen bequem: Das Suchen und Herunterladen von zusammenhanglosen und womöglich unpassenden Apps bleibt erspart und auch die persönlichen Daten sind alle schon da. Dazu vereinfachen die Giganten die Entwicklung und die Bewirtschaftung von Apps für Unternehmen..

Für Monopole sehe ich in Europa oder der Schweiz zwar keine grosse Gefahr, doch ein überladenes und unübersichtliches Design kann auch hierzulande schnell zum Problem werden. Eine App mit vielen verschiedenen Funktionen zu entwickeln, die gleichzeitig einfach zu bedienen ist, bedarf eines ausgereiften Plan und viel Fingerspitzengefühl in Sachen UX-Design.


Involvierte Minds
Carina Glinik
Senior UX WriterInvolviert alsEditor
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Christoph Kappler·Marketing Manager & Product Owner
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